Ginkgo biloba ist mehr als eine weitere Heilpflanze. Ein einzigartiger Baum ist der Ginkgobaum im wahrsten Sinn des Wortes, denn er hat als Vertreter einer eigenen Pflanzenklasse unter den Dinosaurier gelebt und als einziger Vertreter seiner Klasse die Dinosaurier und die Eiszeit überlebt. Er ist zeitgeschichtlich so alt, dass er zu dieser fast ausgestorbenen Pflanzenklasse gehört, die weder Laub- noch Nadelbaum, sondern vermutlich deren Vorläufer ist. 

Und er überlebt weiter! 1946 überlebte er sogar den Atombombenabwurf der Amerikaner in Hiroshima, denn als erster und einziger Baum so nahe am Zentrum der Explosion trieb er im darauffolgenden Frühjahr aus seinem völlig verkohlten Baumstumpf neu aus. Mythische Kräfte und Wunder wurden ihm von alters her zugesprochen – die Chinesen sahen in ihm ein Ursymbol für weibliche und männliche Energien im Menschen – für Yin und Yang. Hierzu passt auch sein unverwechselbare zweilappige Blattform (bi-loba = zweilappig) und der Fakt dass es männliche und weibliche Ginkgobäume gibt. Deswegen wurde er schon seit Jahrhunderten in Japan und China als Tempelbaum kultiviert und in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) zu Heilzwecken eingesetzt. Wildwachsende Ginkgobäume findet man nur noch in Südchina, wo der Ginkgobaum beheimatet ist. 

Dreimal waren es die Deutschen, die ihn wiederentdeckten und in Kunst und Heilkunst berühmt machten. Der erste Deutsche war der Arzt Engelbert Kaempfer, der den Ginkgobaum auf einer Japanreise Ende des 17. Jahrhunderts entdeckte und beschrieb. Sogar seine Samen schmuggelte Kaempfer heimlich aus dem Land, worauf in Japan damals die Todesstrafe stand. Auch der ungewöhnlich Name Ginkgo stammt von Kaempfer – durch einen Schreibfehler wurde aus „Ginkyo“, der Silberaprikose, das Wort Ginkgo. 

Der zweite war kein geringerer als Goethe selbst – in seinem „West-östlichen Divan“ schrieb er das berühmte Ginkgo-biloba Gedicht, das er seiner Geliebten widmete und welches den ganzen Gedichtband prägte. Der Ginkgobaum gewann ebenfalls durch Goethe und zeitgenössische Botaniker seit dem 18. Jahrhundert in Europa Bedeutung und wird heute als schmückender Parkbaum und Alleenbaum kultiviert.

Doch damit hätte man die Hauptsache an Ginkgo biloba übersehen, hätten nicht deutsche Wissenschaftler 1960 seine Bedeutung als Heilpflanze (wieder)-entdeckt. Der Ginkgoblätter-Extrakt erlangte eine unschätzbare Stellung in der rationalen Phytotherapie (die moderne, wissenschaftliche Kräutermedizin) denn wie Wissenschaftler erforschten und mit einigen klinischen Studien belegen konnten, kann der Ginkgoblätter-Extrakt bei alten Menschen mit Leistungsminderung  des Gehirns (wie Demenz oder Morbus Alzheimer), bei Durchblutungsstörungen und bei Schwindel und Tinnitus (Ohrensausen) hilfreich sein. Neuere Studien untersuchen nun sogar seine Wirkung bei Krebs. Erste Laborstudien zeigten positive Ergebnisse in der Krebsheilung auf. 

Verwunderlich wäre das nicht bei diesem archetypischen, mythischen Baum, der Dinosaurier, Eiszeit und Atombombe schlichtweg überlebte. Doch Ginkgo biloba ist kein „Wunderheilmittel“. Seine Samen enthalten giftige Stoffe weshalb Ginkgosamen, beliebt im asiatischen Speiseplan, nicht uneingeschränkt als Nahrung dienen sollten. Auch beim Ginkgoblätter-Extrakt sollte man sich an den standardisierten Spezialextrakt halten, der in Deutschland als pflanzliches Arzneimittel zugelassen ist.