Ein Spaziergang in der Natur ist erholsam. Richtig? Dieser einfache Zusammenhang ist komplexer und wichtiger, als wir denken. Schon seit Jahren zeigen Studien: Biodiversität fördert Gesundheit.

Jeder kann nachvollziehen, dass sich Aufenthalte in natürlicher Umgebung, einem lichten Wald, oder an einem Flussufer positiv auf die Stimmung auswirken und Stress reduzieren. Die schöne Landschaft, Vogelgezwitscher und Tierstimmen sind Balsam für die Seele. Im Winter knirscht der Schnee sanft unter den Schuhen, im Sommer fliegen Schmetterlinge und Bienen durch die Landschaft. Die Luft ist klar, es duftet nach Blumen und Tannennadeln.

Natur und naturnahe Umgebungen regen zu körperlicher Aktivität an. Bewegung beugt Herz- und Kreislauferkrankungen, Zuckerkrankheit, Rückenschmerzen und Gelenkverschleiß vor, alles typische Zivilisationskrankheiten. Biodiversität, die Vielfalt und der Artenreichtum der Natur lindert seelische Erkrankungen. Weniger bekannt ist, dass Biodiversität auch die Entwicklung von Infektionskrankheiten, Allergien und Autoimmunkrankheiten verhindern kann.

Krankheitserreger verursachen Infektionskrankheiten. Durch den Aufenthalt in der Natur, oder naturnaher Umgebung wie einem Stadtpark kommen Menschen mit einer größeren Vielfalt an Lebewesen in Kontakt: Pflanzen, Tiere und Kleinstlebewesen wie Bakterien und Viren kreuzen den Weg des Spaziergängers. Dadurch entsteht der Verdünnungseffekt: in einer artenreichen, natürlichen Umgebung treffen Krankheitserreger häufiger auf Lebewesen, die resistent gegen sie sind. Dadurch verdünnen sich die Erreger. Denn sie begegnen ihren Wirten, also uns Menschen, seltener. Dieser Verdünnungseffekt wird schon eine ganze Weile in der Forschung beschrieben. So sind Zecken in einer artenreichen Natur seltener vom Borreliose Bakterium befallen. Und Erkältungsviren verbreiten sich schneller in einem Bus voller Menschen, als in einem Stadtpark.

Ein weiterer wichtiger Zusammenhang besteht zwischen Biodiversität, Immunsystem und dem menschlichen Mikrobiom. Die Hygienehypothese besagt, dass Allergien immer häufiger werden, da wir nicht mehr derselben Vielfalt an Mikroben ausgesetzt sind wie in früheren Zeiten. Studien deuten darauf hin, dass Kinder die auf dem Bauernhof oder in der Natur aufwachsen, seltener Allergien entwickeln als Stadtkinder. Sie spielen in einer Umgebung voller gesundheitsfördernder Bakterien. Das Mikrobiom in unserem Darm ist eng mit unserer Immunkraft verbunden.

Aus diesem Zusammenhang lässt sich die Biodiversitätshypothese entwickeln: Der Kontakt mit Mikroben aus der Natur, wie sie in artenreicher Umgebung vorkommen, sorgt für ein gesundes Mikrobiom im Darm. Das Darmmikrobiom stärkt wiederum das Immunsystem und schützt vor Krankheit. Biodiversität fördert Gesundheit und sollte entsprechend gefördert werden! Dazu gehört die Schaffung von mehr Grünflächen und Biotopen in Städten. Zudem brauchen Menschen Lebensbedingungen, in denen Sie viel Zeit in der Natur verbringen können, von frühester Kindheit an.

Allerdings ist die Studienlage insgesamt noch dünn. Viele Studien haben eingeschränkte Aussagekraft. Teils sind es nur Laborstudien oder Feldstudien. Die Zusammenhänge, die es zu erforschen gilt, sind sehr komplex. Die Schweizerische Akademie für Medizin und Wissenschaft (SAMW) und das Forum Biodiversität Schweiz forschen gemeinsam zu diesem Thema 1

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  1. https://naturwissenschaften.ch/service/publications/118834-biodiversitaet-eine-garantie-fuer-gesundheit-